Ökologische Nachhaltigkeit

Die Aquakultur wird ein entscheidender Bestandteil der zukünftigen globalen Ernährungssicherheit sein und voraussichtlich ein beispielloses Niveau erreichen. Bei ihrem derzeitigen Entwicklungsstand hat die Aquakultur, d.h. die Zucht von Fischen, Schalentieren und Algen, Umweltbelange. Damit die Industrie ökologisch nachhaltig ist, d.h. eine Nahrungsmittelproduktion hat, die die Erschöpfung und Degradierung der natürlichen Ressourcen vermeidet, sind weitere Fortschritte in verschiedenen Bereichen erforderlich. Einige wichtige Umweltprobleme, Klimaherausforderungen und mögliche Lösungen werden im Folgenden beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung der Auswirkungen der lokalen Aquakultur und Aspekte des Klimawandels, die die Schweizer Aquakultur direkt oder indirekt betreffen.

Umweltauswirkungen der Aquakultur

Die weltweite Produktion der Aquakulturindustrie ist seit dem Jahr 2000 jedes Jahr um durchschnittlich 5.8 % gestiegen. Diese rasante Entwicklung, die als blaue Revolution bezeichnet wird, wird sich fortsetzen müssen, wenn die Industrie der wachsenden Bevölkerung hochwertiges Protein liefern will (Tab. 1). Diese Produktionssteigerung kann, wenn sie schlecht gehandhabt wird, zu einer Zunahme der Umweltauswirkung des Sektors führen.

Als Lebensmittelindustrie benötigt die Aquakultur Ressourcen und produziert Emissionen. Beides kann zu ernsthaften Problemen für die Umwelt führe. Hierbei gilt es zwischen der Produktion weltweit und in der Schweiz zu unterscheiden

Die verschiedenen Formen der Aquakultur nutzten weltweit 2010 18,8 Millionen Hektar und werden im Jahr 2050 44 Millionen Hektar benötigen. Dazu gehört auch die Fläche, die für den Anbau von Fischen, Schalentieren und Algen genutzt wird, daher muss die für die Herstellung von Aquakulturfutter benötigten Flächen hinzugefügt werden: 26,4 Millionen Hektar im Jahr 2010 und schätzungsweise 61,6 Millionen Hektar im Jahr 2050. In der Schweiz könnte eine erhöhte landwirtschaftliche Flächennutzung durch Aquakultur vernachlässigend sein, da die meisten neuen Anlagen in bestehenden Industriezonen gebaut werden. Die erhöhte lokale Nachfrage nach Fischfutter wird jedoch zu einer zusätzlichen Landnutzung in anderen Teilen der Welt für die Produktion von Futtermittelzutaten führen.

Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) sichergestellt wird, dass das importierte Futter aus nachhaltigen Quellen stammt und (II) die FCR von lokalen Fischen reduziert wird, d.h. die gleiche Menge Fisch mit weniger Futter produziert wird.

Die Aquakultur selbst sowie die Futterproduktion führen globalzu Lebensraumveränderungen aufgrund von Landnutzung und Wasserverschmutzung. Diese Veränderungen bedeuten meist den vollständigen Verlust des Lebensraums für die lokale Fauna und Flora, wobei die Abholzung von Binnen-und Mangrovenwäldern das auffälligste Beispiel ist.In der Schweiz zeigt sich der Verlust von Lebensräumen durch Aquakulturan einem zu tiefen Restwasserfluss in kleinen Flüssen, insbesondere in heissen Sommermonaten. Darüber hinaus kann sich die Wasserverschmutzung negativ auf das umliegende Ökosystem auswirken, was zu Veränderungen und Verlusten des Lebensraums führt.Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) Solarenergie für die Aquakultur genutzt wird, (II) die Abwasserbehandlung verbessert wird, (III) der Wasserverbrauch an betroffenen Standortenreduziert und (IV) die Verwendung von nachhaltigem Futtermittelnsichergestellt wird.

Aquakultur kann Wasser auf zwei verschiedene Arten verwenden: Verbrauchswasser (Wasserverlust durch Verdunstung und Infiltration) und nicht verbrauchendes Wasser (Wasser, das noch für andere Zwecke verfügbar ist). Letzteres ist jedoch oft in der Qualität reduziert, da sich Emissionen der Aquakultur im Wasser anreichern, das das System verlässt (siehe Wasserverschmutzung). Zusätzlich muss das verbrauchende Wasser, das für die Futterproduktion verwendet wird, einbezogen werden. In der Schweiz war Wasser in der Vergangenheit im Überfluss vorhanden. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass es wichtig sein wird, den Wasserverbrauch in Zukunft zu senken, wenn nicht aufgrund einer geringeren Leistung aus eigenen Brunnen, dann aufgrund höherer Wasserpreise. Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem der Wasserverbrauch reduziert wird, indem (I) die Verdunstung durch Beschattung von Aussensystemen und (II) die Abdeckung von Innentanks reduziert wird.

Ein großer Teil der Emissionen in der Aquakultur wird über das Abwasser des Systems freigesetzt. Dazu gehören Antibiotika, Düngemittel und Hormone sowie Stickstoff und Phosphor. Im Jahr 2010 produzierte die Aquakultur 76 kg Phosphor und 273 kg Stickstoff pro Tonne essbarem Protein. Zahlen, die bis 2050 voraussichtlich um ein Vielfaches steigen werden. Die Freisetzung von Hormonen und Antibiotika in die umliegenden Gebiete ist verheerend für die Ökosysteme. Die Freisetzung von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor verursachte eine Eutrophierung von Süßwasserkörpern und Ozeanen. In der Schweiz, die an der Quelle der meisten Flüsse liegt, ist die Wasserqualität im Allgemeinen gut. Es liegt in unserer Verantwortung, die Qualität des Wassers, das wir in den Rest Europas abgeben, hoch zu halten, was zu restriktiven lokalen Gesetzen und Vorschriftengeführthat. Diese werden in Zukunft restriktiver werden, da die EU den Green Deal umsetzt und Wasser zu einer immer relevanteren Ressource wird.

Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) die Abwasserbehandlung verbessert und (II) der Verbrauch von nicht verbrauchendem Wasser reduziert wird. Technologische Fortschritte bei Umwälzsystemen werden dafür von besonderer Bedeutung sein.

Die Aquakultur kann Wildbestände auf unterschiedliche Weise beeinträchtigen, darunter: Verlust von Lebensräumen, wild gefangener Besatz (Fang von Jungfischen aus Wildpopulationen in Zuchtbetrieben, in der Schweiz verboten) und Fischerei auf Fischmehl und Fischöl für Futter. Für letzteres zeigt das FIFO (Fish in –Fish Out Ratio) an, wie viele kg Wildfisch benötigt werden, um ein kg Zuchtfisch zu produzieren. Es wird geschätzt, dass die Menge an Wildfischen, die zur Fütterung von Zuchtfisch benötigt wird, von 20.2 Millionen Tonnen im Jahr 2010 auf 47.2 Millionen Tonnen im Jahr 2050 steigen wird. In der Schweiz ist der wichtigste Faktor für die weltweite Erschöpfung der Wildbestände die Aquafeeds. Die erhöhte Nachfrage nach Fischfutter wird sich in Zukunft direkt auf die Menge an gebrauchtem Fischmehl und Fischöl auswirken. Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) der FIFO gesenkt wird(d.h. sichergestellt wird, dass das Fischprotein im Futter aus Beifang-oder Schlachtabfällen stammt und dass die Menge an pflanzlichem Eiweiß angesichts der zu fütternden Fischart so hoch wie möglich ist) und (II) die FCR reduziert wird (d.h. sichergestellt wird, dass aus weniger Futter mehr Fisch produziert werden kann).

In allen Aquakultursystemen begünstigen suboptimale Haltungsbedingungen wie geringe Wasserqualität, hohe Besatzdichte und Mangelernährung Krankheiten, die durch Parasiten, Bakterien und Viren verursacht werden. Dies kann nicht nur der Aquakultur selbst, sondern auch der Umgebung erheblichen Schaden zufügen: Entweder die Medikamente (Antibiotika, Desinfektionsmittel) oder die Krankheit können in die Umwelt gelangen und lokale Ökosysteme und Wildpopulationen schädigen. In der Schweiz unterliegen Medikamente einer strengen Regulierung und es liegt in der Verantwortung des Fischzüchters und des Tierarztes, sicherzustellen, dass keine im System verwendeten Chemikalien austreten. Darüber hinaus müsseneinigeTierseuchen gemäß der Ederalordnung über epizootic diseasesgemeldet werden(siehe Abschnitt Tiergesundheit).Dies ermöglicht die Eindämmung einer Krankheit,um weitere Schäden an anderen Farmen und Wildpopulationen zu verhindern. Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) ein strenges Hygieneprotokoll (das Eindringen von Parasiten, Bakterien und Viren in das System am besten verhindert wird), (II) ein geeignetes Behandlungsprotokoll (Früherkennungund angemessene Behandlung sind der Schlüssel) und (III) optimale Haltungsbedingungen gewährleistet werden (Gesundheit, gesunde und robuste Fische sind ein Schlüsselfaktor für die Krankheitsprävention).

Der Ausstoß von Treibhausgasen, meist ausgedrückt als Kohlendioxid, ist ein Maß für den ökologischen Fußabdruck. Je nachdem, wo die Systemgrenzen liegen, können sich die relevantesten Emissionsquellen ändern. Es wird geschätzt, dass die weltweiten CO2 -Emissionen aus der Aquakultur von 332 Millionen Tonnen im Jahr 2010 auf 776 Millionen Tonnen im Jahr 2050 steigen werden. In der Schweiz werden die lokalen Emissionen aus der Aquakultur hauptsächlich durch den Energieverbrauch und den Transport getrieben. Insbesondere der Energieverbrauch von Kreislaufsystemen wird erhöht und kann die ökologische Nachhaltigkeit eines Betriebs insgesamt erheblich senken. Wenn die Systemgrenzen erweitert werden, werden die relevantesten Treibhausgasemissionen durch die Aquafeeds verursacht. Die Herstellung, Formulierung und der Transport von Futtermitteln ist eine beträchtliche CO2-Quelle. Die ökologische Nachhaltigkeit der Schweizer Aquakultur kann verbessert werden, indem (I) eine effiziente Energienutzung, insbesondere in RAS, (II) sichergestellt wird, dass die verwendete Energie aus nachhaltigen Quellen wie Solarenergie stammt, und (III) sichergestellt wird, dass die importierten Futtermittel aus ökologisch nachhaltiger Produktion stammen.

Herausforderungen des Klimawandels für die Aquakultur – in der Schweiz

Langfristige Klimaveränderungen wirken sich weltweit auf die Aquakultur aus. Einige dieser Klimaveränderungen werden sich direkt auf die lokale Schweizer Aquakultur auswirken, andere werden indirekte Folgen haben.

Der Klimawandel wirkt sich auf den globalen Wasserkreislauf aus, dazu gehören auch Auswirkungen auf die Niederschläge und damit auf die Wasserverfügbarkeit in der Schweiz. Es gibt einen Trend, dass das Wetter extrem wird.

  • Dürren: verlängerte Phasen mit trockenem und warmem Wetter in den Sommermonaten werden zunehmend die Verfügbarkeit von Wasser beeinflussen. Dies wirkt sich insbesondere auf Durchflusssysteme aus, die auf eine konstant minimale Wasserversorgung in guter Qualität setzen. Die Schweizer Aquakultur kann sich vorbereiten, indem sie (I) diesen minimalen Wasserbedarf reduziert(z.B. durch Investitionen in die teilweise Rückführung von Wasser innerhalb des Systems) und (II) indem sie die Sicherheit der Wasserqualität auch bei geringem Frischwasserzufluss (d.h. Kühlsysteme und Sauerstoffversorgung) gewährleistet.
  • Hochwasser: Starkregenereignisse können häufiger auftreten. Diese Ereignisse führen zu einer vorübergehenden Verringerung der Wasserqualität(z. B.erhöhte Schwebstoffe,die die Fähigkeitder Kiemen, Sauerstoff aufzunehmen, behindern können)und zu strukturellenSchäden an der Aquakulturinfrastruktur. Die Schweizer Aquakultur kann sich vorbereiten, indem sie sicherstellt, dass (I) starke Regenfälle das System nicht beschädigen können(d.h. physischer Schutz von Tanks, Rohrleitungen, Wänden), (II) das System nicht überlaufen kann (einschließlich der Sicherstellung, dass es keine Entweicher gibt) und (III) eine stabile Wasserqualität oder Notfallmassnahme in kurzen Phasen mit reduzierter Wasserqualität gewährleistet.
  • Variation: insgesamt kann es eine ausgeprägtere Variation der Niederschläge, d.h. der Wasserversorgung, geben. Die Sicherung eines Aquakultursystems in einer Weise, die solche Schwankungen ausgleichen kann, ist wichtig, um eine stabile Produktion zu gewährleisten.Die Schweizer Aquakultur kann sich mit verschiedenen Massnahmen(z.B. infrastrukturelle Anpassungen spezifischer Protokolle) vorbereiten, die stark von der zu lösenden Bedrohung sowie dem spezifischen System abhängen.

Jahresdurchschnitts- und Höchsttemperatur: der Klimawandel beeinflusst die Luft-und Wassertemperaturen in der Schweiz. Die meisten Aquakultursysteme zielen darauf ab, den Fischen stabile Haltungsbedingungen und damit eine stabile Temperatur zu bieten. Infolgedessen müssen Schweizer Systeme diese Änderungen sowohl der Durchschnitts-als auch der Maximaltemperatur bewältigen. Die erforderlichen Maßnahmen können für eine Anpassung an Änderungen der Durchschnittstemperatur anders sein als für die Anpassung an extreme Temperaturspitzen. 

Die Schweizer Aquakultur kann sich je nach Art und Standort der Anlage auf unterschiedliche Weise vorbereiten. RAS kann effiziente (durchschnittlich °C) und ausreichende (Peak °C) Kühl-und Heizsysteme gewährleisten. FTS kann geeignete Fischarten (durchschnittlich °C) und Schutz (Bedeckung oder Beschattung während des Höchststandes °C) gewährleisten. Beide Typen eignen sich gut, indem sie Protokolle vorbereiten, die frühzeitige Maßnahmen unterstützen, d. H.Überwachung fürrechtzeitiges Kühlen / Heizen, um Spitzen zu puffern.

Die gleichen Probleme, die die Schweizer Aquakultur direkt betreffen – so z.B. extreme Wetterereignisse und steigende Temperaturen – werden die Aquakultur als Ganzes behindern. Dies kann sich auf die Importversorgung von z.B. Eiern und Jungfischen auswirken, die dann den Besatz behindern.

Die gleichen Probleme, die die Schweizer Aquakultur direkt betreffen – so z.B. extreme Wetterereignisse und steigende Temperaturen – werden die Aquakultur als Ganzes behindern. Dies kann sich auf die Importversorgung von z.B. Eiern und Jungfischen auswirken, die dann den Besatz lokaler Bauernhöfe behindern.

Ökologisch nachhaltige Lösungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aquakultur, um eine zuverlässige und ökologisch nachhaltige Nahrungsquelle zu werden, zwei Hauptaufgaben hat: 

  1. Reduzierung der Umweltauswirkungen 
  2. Anpassung an den Klimawandel 

Dies gilt für die Zucht von Wassertieren und -pflanzen sowohl global als auch lokal. Für die Schweiz umfasst dies (u.a.) 

  • erhöhte Wassereinsparung 
  • erhöhter Einsatz erneuerbarer Energie 
  • verbesserte Abwasserreinigung 
  • verstärkte integrierte Produktion 

Um zu verstehen, wo Verbesserungen nötig sind, wo sie am effektivsten sind und wo sie möglich sind, ist viel Wissen notwendig. Dazu gehören verschiedene Berechnungen und Schätzungen über Emissionen, Lebenszyklen und Auswirkungen. Diese Ökobilanzen (Life Cycle Assessments) und Extrapolationen sind enorm hilfreich, hängen aber bekanntermaßen stark von der Qualität der verwendeten Daten ab. Es ist daher wichtig, in qualitativ hochwertige Daten und regelmäßige Aktualisierungen dieser Schätzungen zu investieren. Ebenso wichtig sind klare Definitionen von Begriffen und Systemgrenzensowie Transparenz der verwendeten Methoden und getroffenen Annahmen.

[1] FAO 2018, 2020, Ahmed et al. 2019, Ahmed and Turchini 2021, Carballeira Braña et al. 2021
[2] Ahmed, N., Thompson, S., and Glaser, M., 2019. Global Aquaculture Productivity, Environmental Sustainability, and Climate Change Adaptability. Environmental Management, 63 (2), 159–172. 
[3] Ahmed, N. and Turchini, G.M., 2021. Recirculating aquaculture systems (RAS): Environmental solution and climate change adaptation. Journal of Cleaner Production, 297, 126604. 
[4] Carballeira Braña, C.B., Cerbule, K., Senff, P., and aStolz, I.K., 2021. Towards Environmental Sustainability in Marine Finfish Aquaculture. Frontiers in Marine Science, 8, 666662.
[5] FAO, 2018. The state of world fisheries and aquaculture 2018 – Meeting the sustainable development goals. Rome, Italy: Food and Agriculture Organization of the United Nations. 
[6] FAO, 2020. The state of world fisheries and aquaculture 2020 – Sustainability in action. Rome, Italy: Food and Agriculture Organization of the United Nations.